Adipositas bei Hunden und Katzen | Fachartikel

In Deutschland sind mehr als die Hälfte der Hunde und Katzen übergewichtig. Adipositas wird als übermäßige Fettansammlung des Körpers definiert. Die Ursache liegt klar auf der Hand, die Tiere nehmen mehr Energie auf, als sie verbrauchen. Maßgeblich beteiligt sind daran die Tierbesitzer:innen, die das satte Haustier als rund und glücklich empfinden. Doch diese falsche Fürsorge kann zu massivem Übergewicht führen, lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen und die Lebensqualität von Hunden und Katzen deutlich beeinträchtigen. Wir Tierärzte müssen aufklären und den Tierhaltern konkrete Tipps an die Hand geben.

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Ursache

Eine Gewichtszunahme kommt immer schleichend und in den wenigsten Fällen sind die Tierbesitzer der Meinung, dass ihr Hund oder ihre Katze zu dick ist. Falsche Fütterungsgewohnheiten und bestimmte Verhaltensmuster beschleunigen die Entwicklung von Adipositas. 

Adipositas ist ein pathologischer Zustand und wird hervorgerufen durch ein Ungleichgewicht von Energieaufnahme und Energieverbrauch. 

Die Ursachen warum der Hund oder Katze an Gewicht zunehmen, sind vielfältig. Meist wird zu viel Futter oder Futter mit hoher Energiedichte gefüttert. Vielen Tieren werden zusätzlich Essensreste oder Leckerlis zwischen den Fütterungszeiten gegeben, ohne zu wissen, dass es sich um echte Kalorienbomben handelt. 

Zu einer positiven Energiebilanz kommt es auch, wenn mehrere Personen im Haushalt leben, die das Tier ohne Absprache füttern. Manche Hunde und auch Katzen betteln um Futter, entweder aus Langeweile oder auch aus dem Grund, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Tierbesitzer hat seinem Vierbeiner somit unbewusst das Betteln nach Essen angewöhnt.  

Neben dem zu viel an Futter beeinflussen verschiedene zusätzliche Faktoren die Entstehung von Adipositas bei Hunden und Katzen: 

  • Genetische Faktoren
  • Reduzierter Energiebedarf (Kastration, Alter (Hd.))
  • Weniger Bewegung (OP, Leinenzwang etc.)
  • Geschlecht
  • Krankheiten (z.B. Morbus Cushing, Schilddrüsenunterfunktion, eine Fehlfunktion des Hypothalamus)
  • Medikamente (z.B. Glukokortikoide)

Diagnose

Wird der Hund oder die Katze aufgrund von Adipositas dem Tierarzt vorgestellt, müssen anhand einer ausführlichen klinischen Untersuchung potenziell assoziierte Erkrankungen identifiziert werden. 

Der Grundstein für die Gewichtsreduktion bei Adipositas wird gelegt, sobald der Besitzer davon überzeugt ist, dass sein Tier abnehmen muss. 

Mit Hilfe des Body Condition Score (BCS), der das Schlüsselelement zur Beurteilung des Adipositas Grades ist, kann dem Besitzer die Körperkondition seines Tieres dargestellt werden. 

Zur Bestimmung des BCS gehören die Tastbarkeit der Rippen und die Sichtbarkeit der Taille, von oben betrachtet. Zudem muss das Körpergewicht des Tieres ermittelt werden.

Bei ideal gewichtigen Hunden und Katzen (BCS 5) sind die Rippen und die Wirbelsäule nicht sichtbar und mit mäßigem Druck leicht tastbar. Die Taille soll von oben betrachtet, gut zu erkennen sein und die Bauchlinie ansteigend verlaufen. 

Man spricht von einer beginnenden Adipositas ab 10% über dem Idealgewicht. Eine manifeste Adipositas liegt bei über 20% des Idealgewichts vor.

Das Ergebnis des BCS stellt die Gesprächsgrundlage mit dem Besitzer dar und ist von großer Bedeutung. Dieser sollte behutsam auf die Notwendigkeit der Gewichtsreduktion vorbereitet werden, dann ist er schneller bereit, am Gesundheitszustand seines Tieres etwas zu verändern und zu verbessern.

Dem Tierbesitzer muss klar gemacht werden, dass Adipositas die Lebenszeit des Tieres verkürzt, aber auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Arthrose durch Belastung des Bewegungsapparates, Lebererkrankungen, Hautkrankheiten und auch Störungen des Immunsystems bewirken. Für übergewichtige Hunde und Katzen besteht ein erhöhtes Narkoserisiko.

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Behandlung

Im Vordergrund der Behandlung von Adipositas stehen zuerst die Folgeerkrankungen wie z.B. die Arthrose oder Herz- Kreislauferkrankungen. Ist der Gesundheitszustand stabil, kann das Tier an Gewicht verlieren.

Eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung von Übergewicht spielt die wöchentliche Gewichtskontrolle. Hierbei muss das Körpergewicht des Tieres immer zum selben Zeitpunkt mit der gleichen, bestenfalls geeichten Waage, ermittelt werden.

Damit bei übergewichtigen Patienten das Körpergewicht reduziert wird, muss zuerst der individuelle Energiebedarf des Hundes oder der Katze bestimmt werden. Danach wird die Futtermenge auf 60% – 80 % der bisherigen Energiezufuhr reduziert. Dabei ist auf eine ausreichende Eiweißversorgung zu achten, um einem Muskelabbau entgegen zu wirken. Pro Woche wird bei Hunden ein Gewichtsverlust von 1-2% und bei Katzen von 0,5-1% des Körpergewichts empfohlen. 

Füttert der Besitzer Fertignahrung, ist das Verfüttern von kalorienreduzierten und faserreichen Diätfuttermittel mit angepasstem Nährstoffgehalt zur Gewichtsreduktion am einfachsten in der Handhabung. 

Durch den erhöhten Faseranteil verweilt das Futter länger im Verdauungsapparat und bewirkt ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl. Außerdem kann der Vierbeiner größere Mengen des Diätfuttermittel aufnehmen, um satt zu sein. 

Die Empfehlung für eine Tagesration bestimmt der Futtermittelhersteller und ist abhängig, wie viel an Gewicht abgespeckt werden muss. Die Gesamtmenge wird abgewogen und soll am besten über den Tag verteilt in mehreren Rationen verfüttert werden. 

Bereitet der Besitzer die Nahrung selbst zu, ist es wichtig eine bedarfsgerechte Diät mit ausgewogenem Nähr- und Mineralstoffgehalt mittels einer Rationsberechnung für Hunde oder Katzen erstellen zulassen. 

Grundlegend ist bei der Rationsgestaltung für die Gewichtsreduktion darauf zu achten, mageres Fleisch z.B. von Huhn oder Pute und mageren Fisch zu verwenden. Als Proteinquelle kann auch Magerquark anteilig eingerechnet werden. Die Ration wird ergänzt von weich gekochten Reis oder Nudeln und von reichlich Gemüse (keine Bohnen, Erbsen, Mais). Hat der Hund oder die Katze trotzdem immer Hunger, kann Futterzellulose unter das Futter gemischt werden. Eine Mengenempfehlung ist 0,5-1g / kg Körpergewicht / Tag. Die Menge an Zellulose wird unter das Futter gemischt und ist langsam zu steigern, da sich der Verdauungsapparat erst daran gewöhnen muss.

Tierärztin Susanne Scherber Expertin Ernaehrungsberatung bei Hund und KatzeTierärztin und Ernährungsexpertin Susanne Scherber rät dazu, vor allem bei Katzen genau auf die Proteinversorgung zu achten, so dass kein Mangel entsteht. Vor allem Katzen sollen langsam aber kontinuierlich abnehmen, wobei eine langfristige Mangelversorgung zu alimentär bedingten Problemen und zusätztlichem Muskelabbau führen kann.

Von großer Bedeutung ist zudem, alle zusätzlichen Leckerlis in die Tagesration mit einzuberechnen, da das oft die „vergessenen“ Kalorien sind. Eventuell ist es ratsam, die Menge an Leckerlis zu reduzieren oder Leckerlis durch Gemüse, Obst oder Reiswaffeln zu ersetzen.

Jede Diät ist nur von Erfolg gekrönt in Kombination mit BEWEGUNG!

Am besten werden Teile der täglichen Futterrationen in Bewegungsspiele eingebaut. Der Hund kann sich sein Futter in Form eines Suchspiel erarbeiten oder erhält es als Belohnung beim Gassi gehen. Katzen lieben es zum Beispiel dem Futter hinterher zu jagen. Wohnen mehrere Katzen in einem Haushalt, können Futterautomaten gefräßige Katzen davon abhalten, anderen das Futter wegzufressen. 

Prophylaxe

Die frühe Aufklärung des Besitzers steht bei der Vermeidung von Adipositas bei Hunden und Katzen im Vordergrund. Dem Tierhalter muss erklärt werden, was eine bedarfsgerechte und ausgewogene Fütterung enthalten soll und wie sie zu einem aktiven Lebensstil ihres Tieres beitragen können. Um bei adipösen Tieren einen JoJo Effekt zu vermeiden, muss das Körpergewicht der Tiere regelmäßig kontrolliert und in ein Tagebuch eingetragen werden. Nimmt das Körpergewicht zu, wird die Futtermenge wieder angepasst. Ein aktiver Lebensstil hilft dem Tier sein Gewicht zu halten.

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