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Wenn Parasiten unseren Hunden das Herz schwer machen | Fachartikel

Herz-Lungen-Würmer – dahinter verbergen sich recht verschiedene Fadenwürmer (Nematoden), die eine Vorliebe für Herz und Lunge als Zielorgane verbindet. Dennoch wird diesen Erregern in der Differentialdiagnostik respiratorisch-kardiovaskulärer Beschwerden viel zu wenig Beachtung geschenkt. Insbesondere aber bei der Aufarbeitung unspezifisch leistungsinsuffizienter Patienten werden sie häufig vergessen.

Ich sehe was, was du nicht siehst…

Die geografische Ausbreitung der Parasiten und die steigende Zahl von Hunden mit Reise- oder Import-Anamnese, treiben die Prävalenzen von Lungenparasitosen in die Höhe. Da die Infizierten häufig keine oder nur diffuse Allgemeinsymptome zeigen, ist von einer großen Dunkelziffer nicht erkannter Herz- oder Lungenwurm-Träger auszugehen. Dabei sind eine geschickte Wahl von Probenmaterial und Testverfahren, sowie der Zeitpunkt der Testung, genauso entscheidend für die Diagnosestellung, wie die Idee, überhaupt auf Herz-Lungen-Parasiten zu testen!

Kann ich mich bei meinem Hund anstecken?

Eine wichtige Parallele zwischen Herzwürmern (Dirofilaria immitis) und Lungenwürmern (in erster Linie Angiostrongylus vasorum) ist ein obligatorischer Wirtswechsel, der für ihren vollständigen Entwicklungszyklus unverzichtbar ist. Glücklicherweise ist daher eine direkte Haustier-Besitzer-Übertragung unter Umgehung des Zwischenwirtes nicht möglich.

Stechmücken sind lästig – und im Urlaub bedeutsame Krankheitsüberträger!

Für Dirofilarien-Larven ist der Stich des Zwischenwirtes (Culiciden) die Gelegenheit, direkt in den Endwirt zu gelangen. Im Körper des Hundes folgt eine monatelange Wanderung der jugendlichen Herzwürmer durch das Bindegewebe, bis sie schließlich die Lungenarterien erreichen. Dort reifen sie zu adulten Makrofilarien, die etwa ein halbes Jahr nach der Infektion, Mikrofilarien in die Zirkulation freigeben. Diese gehen bei der Blutmahlzeit wieder in eine Stechmücke über.

Schnecken gehören nicht auf den Speiseplan

Lungenwurmlarven erreichen ihren caninen Endwirt über den Verzehr infizierter Zwischenwirte (Mollusken). Für die Parasiten ebenso erfolgreich sind indirekte Wege, wie beispielsweise die Aufnahme paratenischer Wirte (z.B. Amphibien), von mit Schneckenschleim behafteter Pflanzen oder das Trinken aus kontaminierten Pfützen. Nach der Invasion des neuen Wirtes migrieren die Larven in die Lungengefäße. Dort beginnen die geschlechtsreifen Weibchen etwa sechs Wochen nach der Infektion mit der Eiablage. Nach dem Schlupf treten die Larven in die Alveolen ein. Durch den Hustenreiz gelangen sie in den Rachen, werden abgeschluckt und schlussendlich mit dem Kot in die Umwelt ausgeschieden- bereit, um vom nächsten Zwischenwirt aufgenommen zu werden. 

Wann muss ich an Herz-Lungen-Würmer denken?

Der klassische, an verminöser Pneumonie erkrankte Patient wird mit respiratorischen Beschwerden vorgestellt. Eine Leukozytose mit Eosinophilie weist bereits auf eine parasitäre Infektion hin. Typische radiologische Befunde sind eine Vergrößerung des rechten Herzens und eine erhöhte perivaskuläre Lungendichte mit Verlust der baumartigen Gefäßverzweigung in den kaudalen Lungenlappen. Schwere Fälle gehen mit Aszites, Hepatomegalie und Pleuraerguss einher. Finden sich in der Echokardiografie Makrofilarien als parallele Doppelechos im Truncus pulmonaris, drängt sich die Diagnose dem glücklichen Tierarzt förmlich auf. 

Und wann darf ich den Test auf Herz-Lungen-Würmer nicht vergessen?

Mehr Phantasie braucht es bei betroffenen Hunden, die mit uncharakteristischen Symptomen wie Leistungsschwäche, Anorexie und Kachexie vorstellig werden. Auch das Standard-Laborprofil liefert nicht zwingend zielführende Hinweise auf die Erkrankungsursache (z.B. Anämie, Thrombopenie, Azotämie, Hyperglobulinämie, Proteinurie). Ein geeigneter Test auf kardiovaskuläre Parasiten sollte daher Eingang in die Routineabklärung solcher Patienten finden. 

Diagnostik – Wer, Wie, Was?

Ein Dirofilarien-Check ist bei allen Hunden nach Aufenthalt in Endemiegebieten indiziert. Er ist allerdings erst 6 Monate nach der Einreise aussagekräftig. Antigen-Schnelltests auf Makrofilarien (SNAP®4Dx®, Fa. IDEXX) zeigen eine patente Infektion zuverlässig an. Sie eignen sich sowohl für das Infektions-Screening als auch zur Diagnostik symptomatischer Patienten. 

Ein Test auf heimische Herz-Lungen-Würmer ist bei Erkrankungsverdacht zu jeder Zeit sinnvoll. Hierfür bieten sich zwei gleichermaßen praktikable Methoden an: Das Trichter-Auswander-Verfahren aus frischen 3-Tage-Sammelproben ist die gängigste Variante. Schneller ist der Nachweis mit einem Bluttest auf Angiostrongylus vasorum (z.B. SNAP Angio Detect®, Fa. IDEXX). Die Standard-Kot-Flotation erfasst Lugenwurm-Larven nicht zuverlässig.

Vorsicht vor Komplikationen während der Therapie!

Ist die Dirofilariose diagnostiziert, beginnt die Therapie zunächst mit einer Reduktion der Mikrofilarien durch monatliche Gabe von makrozyklischen Laktonen (Milbemycin, Moxidectin, Selamectin). Nach 6 Monaten folgt Melarsomin zur Elimination der Makrofilarien. Dieses zweistufige Protokoll, in Verbindung mit einer strikten Ruhighaltung des Patienten, verringert das Risiko von Lungenembolien. Ein Antigentest überprüft ein halbes Jahr nach dem Absetzen der Medikamente den Therapieerfolg. Eine weitere, interessante Variante besteht im Einsatz von Doxycyclin in der ersten Therapie-Stufe: Die Beseitigung von Wolbachia spp. (intrazelluläre symbiontische Bakterien), schwächt die Dirofilarien-Reproduktion erheblich und dezimiert damit die Zahl zirkulierender Larven.

Lungenwürmer können ebenfalls mit makrozyklischen Laktonen (zweimal in 7 Tagen) oder Benzimidazolen (Fenbendazol, täglich über mindestens 5 Tage) behandelt werden. Hierbei sollten die Patienten 3 Tage ruhig gehalten werden. Der Therapieerfolg kann nach 3 Wochen mittels Kotuntersuchung oder nach 6 Wochen per SNAP-Test überprüft werden.

Reise-Prophylaxe von Herzwurmerkrankungen bedeutet Vor- und Nachsorge!

Besucht ein Hund ein Endemiegebiet (April – Oktober: Mittelmeerraum; ganzjährig: Kanaren), ist ein doppelter Schutz erforderlich: Vorsorglich schützen Repellentien und der Verzicht auf Außenaktivitäten in den Abendstunden vor Moskitos. Zusätzlich verhindert die monatliche Behandlung mit makrozyklischen Laktonen (ab Beginn der Exposition bis einen Monat nach Ende des möglichen Kontakts) die Wanderung von Mikrofilarien zu den Zielorganen.

Da sich Hunde auch in der Heimat bei jedem Freigang mit Lungenwurmlarven infizieren können, helfen regelmäßige Wurmkuren, das Einsammeln von Hundekot und vollumfängliche Kotuntersuchungen, eine klinisch manifeste Angiostrongylose zu verhindern. 

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!

Untermietern im Gefäßsystem unserer Hunde kann mit konsequenter Vorsorge im Alltag wie auf Reisen, cleverer Diagnostik und gezielter Therapie, Einhalt geboten werden – das schützt den individuellen Patienten und die Population vor einer weiteren Ausbreitung dieser Erreger.

 

//SSC